4. AusgabeSchool Stuff

Abschied ohne ein gebürtiges Abschlussjahr

Foto: Frau Behr

„ABIDEMIE – länger dicht als die Schule“ – so lautet das Abi-Motto der Q2 in diesem Jahr. Leider ist das natürlich nur ein bitterer Scherz. Aufgrund der Corona-Beschränkungen wäre es kaum möglich gewesen, „länger dicht als die Schule zu sein“.

In diesem Abi-Motto steckt allerdings nicht nur die traurige Wahrheit eines tristen Abschlussjahrs, sondern auch der Versuch des Jahrgangs, mit der ausweglosen Situation so gut und aufheiternd wie eben möglich umzugehen.

Der Spickzettel hat Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe sowie die Stufenkoordinatorinnen der Q2, Frau Dietrich und Frau Klaßen und den Oberstufenkoordinator Herrn Gierden zur aktuellen Situation befragt:

Pascal Mazanec betrauert viel außerschulischen Aktivitäten, die für die Q2 entfallen sind, „auf die wir uns alle schon immer gefreut haben“. Kursfahrt, Abipartys, Mottowoche und wahrscheinlich auch der Abiball mussten und müssen weiterhin für die Stufe ganz entfallen.

„Das sind Dinge, die einfach dazugehören und die einen motivieren, sich richtig reinzuhängen. Wir hatten nichts davon.“

Pascal schildert auch das Gefühl der Unsicherheit im Jahrgang: „Eineinhalb Jahre kein normaler Unterricht führen nun mal dazu, dass sich die Abiturienten und Abiturientinnen nicht makellos vorbereitet fühlen.“

Der Präsenzunterricht hatte für die Q2 eine ganz wichtige Bedeutung: „So ziemlich jeder hat sich gefreut, als wir wieder in die Schule konnten. Endlich wieder Freunde sehen, aber auch endlich wieder richtigen Unterricht!“, schildert Pascal.

Auch Lisa Kuschwart hat sich gefreut, als es wieder in den Präsenzunterricht ging: „Ich habe einfach die Dynamik und die Leute vermisst. Man hat gemerkt, dass es viel schöner ist, die Person persönlich zu sehen, als vor einem Bildschirm. Und mir haben Kleinigkeiten aus dem Schulalltag gefehlt, wie beispielsweise lustige Kommentare oder Witze im Unterricht.“

Auch das Zwischenmenschliche hat sich für Lisa verändert: „Ich habe auch das Gefühl, vielen Leuten viel näher zu sein. Insgesamt ist mir unsere Stufe einfach sehr ans Herz gewachsen in der letzten Zeit.“

Lisa sieht auch viele positiven Seiten: „Über die ganze Zeit haben wir uns alle stark weiterentwickelt, das ist wirklich unglaublich und beeindruckend zu sehen. Und obwohl wir so Vieles verpasst habe, tröstet es auch zu wissen, dass wir zusammen all diese Erfahrungen nicht machen konnten. Das hat geholfen, damit abzuschließen.“

Pascal sieht vor allem eine positive Sache: „Wenigstens die Wahl des Abi-Mottos war durch Corona etwas einfacher als sonst.“

Auch Linus Genscher findet es wichtig, die positiven Dinge zu sehen: „Natürlich ist es traurig, dass alles nicht normal wie sonst stattfindet, aber wir konnten auch verdammt viel lernen. Ich habe vor allem gelernt, für wie selbstverständlich wir Gemeinschaft halten und dass wir das vor Corona nicht genug wertgeschätzt haben. Jeder Moment der Gemeinschaft bedeutet momentan viel mehr. Der letzte Schultag war dadurch zum Beispiel ein sehr schönes Erlebnis, welches ich für immer im Kopf behalten werde.“

Am letzten Freitag (von der eigentlichen Mottowoche) vor den Osterferien hat sich die Q2 auf dem Schulhof versammelt und sich emotional von der Schule verabschiedet. In einer Sache sind sich jedoch alle Schüler und Schülerinnen einig: „Sowohl unsere Lehrer und Lehrerinnen als auch unsere Stufe haben das Beste aus der Situation gemacht“, so Lisa.

Herr Gierden und Frau Dieterich betonen vor allem eins: „2020 war kein Corona-Abitur. Corona-Abitur, das ist 2021!“, erklärt Frau Dietrich. „Es ist deutlich anders und deutlich anstrengender als Abitur bisher. Abitur 2021 heißt seit Frühjahr 2020, also gut zweidrittel der Quali-Phase, keinen durchgängig präsenten Unterricht im Klassenraum zu haben“, verdeutlicht Frau Dietrich. „Die Q2 wird im Prinzip seit dem Beginn von Q1.2 unter Pandemiebedingungen beschult und musste auf fast alle außerschulischen Besonderheiten verzichten“, erklärt Herr Gierden. Von einer Abwertung des Abiturs 2021 möchte Frau Dietrich klar absehen: „Es ist ein hart erkämpftes und erarbeitetes Abitur, das die Q2 ganz umfänglich hat reifen lassen!“

Sie sieht aber auch viele positive Möglichkeiten, die sich ergeben haben: „Es wurden viele Fähigkeiten geschult, die unter normalen Abiturbedingungen gar nicht so zum Tragen kommen: Durchhaltevermögen und eigene Motivation, Zielstrebigkeit in widrigen Umständen, der Blick auf die Gemeinschaft und die Zuversicht, an der eigenen Zukunft zu basteln.“

Auch Frau Klaßen stimmt dem zu: „Der ganze Mist bringt den Schülern und Schülerinnen für die Zukunft auch ein ganzes Stück voran: Selbststrukturierung, nicht aus der Bahn werfen lassen und flexibel sein.“
Was die ausgefallenen Highlights für die Q2 angeht, gibt es von der Lehrkraftseite eine klare Botschaft: „Wir leiden mit euch!“, so Frau Klaßen.

Herr Gierden blickt vor allem auf die ausgefallene Mottowoche zwiegespalten zurück: „Rein aus Lehrersicht ist es ja eher eine Entlastung. Trotzdem bin ich ein wenig traurig, dass es dieses Jahr nicht möglich war, auch weil mir diese Form der Verabschiedung dann eigentlich doch ganz gut gefällt.“

Neben all den bisherigen ausgefallenen Highlights hofft er wenigstens auf eine schöne Zeugnisverleihung auf dem Schulhof.

Auch Frau Klaßen vermisst die außerschulischen Aktivitäten: „Uns fehlen die ganzen Sachen aus dem ADS-Alltag außerhalb des Unterrichts. Was für uns die ADS und die tolle Gemeinschaft der Schule ausmacht, fehlt.“

Sie blickt allerdings auch auf die neue Form der Organisation des Unterrichts: „Das kostet deutlich mehr Zeit, Energie und Nerven. Uns fehlt der direkte Kontakt mit den Schülern und Schülerinnen sehr und auch die persönliche Kommunikation mit den Kollegen fehlt. Wir Lehrer und Lehrerinnen haben den Beruf gewählt, weil wir gerne direkt mit Menschen, und vor allem Kindern, arbeiten. Das ist jetzt sehr schwierig.“

Frau Klaßen erkennt ein weiteres Problem: „Schüler brauchen Sicherheit, aber wir können ihnen diese Sicherheit gerade nicht geben, weil wir sie selbst nicht haben.“

Die Plattform GoogleClassroom sei für den Unterricht eine große Hilfe gewesen: „Die Tatsache, dass wir quasi seit Tag eins des Lockdowns im März 2020 den Google Classroom nutzen konnten, ist einfach ein Segen für uns, und zwar auf der Informations- und Kommunikationsebene als auch den Distanzunterricht betreffend“, erläutert Herr Gierden.

Die Möglichkeit der digitalen Lernplattform sieht auch Frau Klaßen als große Hilfe, erkennt aber auch einen deutlichen zeitlichen Mehraufwand.

Auch Frau Dietrich kann dem zustimmen: „Nicht nur unsere, sondern auch die Arbeitszeit der Schüler und Schülerinnen sind irgendwie entgrenzt. Es gab immer 24/7 neue Nachrichten, Anliegen und Aufgaben. Ganz schön herausfordernd, hier eine gesunde Arbeitshygiene zu finden.“

Frau Klaßen stellt auch eine sich durch Corona ergebende positive Möglichkeit für die Bildung allgemein heraus: „Es ist auch als Chance zu sehen, dass wir aktuell digitaler werden.“

Generell zeichnet sich auch bei den Lehrkräften eine einheitliche Schlussfolgerung ab:

„Etliche Begegnungen sind auf der Strecke geblieben. Aber trotzdem hat sich jeder nach besten Möglichkeiten in die jeweilige Unterrichtssituation eingebracht“, so Frau Dietrich.

Das Schuljahr 2020/ 2021 war für alle mehr als herausfordernd, aber besonders der Q2 fehlte die Möglichkeit, sich auch emotional gebührend von acht Jahren ADS und insgesamt zwölf Jahren Schule zu verabschieden.

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