von Fritz Herrguth
Im folgenden Artikel präsentiere ich die Ergebnisse meines Mosaik-Projekts „Anlagemöglichkeiten für Schüler“, welches den ersten Teil meiner Artikelserie „Stock Exchange For Students“ darstellen wird.
Ich habe mich für das Thema entschieden, da ich ein großes Interesse für finanzwirtschaftliche Themen habe und darüber hinaus mehr über Möglichkeiten zur rentierlichen Anlage von Geld, insbesondere für Schüler erfahren wollte.
Als ich mit meinem Projekt begann, existierte noch die sogenannte „Nullzinspolitik“ der Europäischen Zentralbank, welche auf herkömmlichen Bankkonten als Geldaufbewahrungsort zu Geldverlusten führte.
Dies hat sich mittlerweile vor allem wegen der stark gestiegenen Inflation gewandelt, aber dennoch bietet der Wertpapierhandel eine bei weitem größere Ertragschance als das herkömmliche Sparen und erscheint mir daher als große Chance im Hinblick auf die Vermögensvermehrung.
Aber zunächst ein paar Worte zum Mosaik-Projekt der August-Dicke-Schule.
Das Mosaik-Projekt ist ein jahrgangsstufenübergreifendes Begabungsförderungsprojekt, welches den Teilnehmern die Arbeit an einem selbst gewählten Thema unter Betreuung der Mosaik-Leiter und des individuell gewählten Betreuungslehrers ermöglicht.
Zu Beginn eines Schuljahres werden von den jeweiligen Klassenlehrern Schüler für das Mosaik-Projekt ausgesucht, die durch gute Leistungen im Unterricht sowie durch viel Engagement aufgefallen sind.
Im Mosaik-Projekt bekommen diese Schüler die Möglichkeit, ein eigenes Projekt zu einem Thema zu bearbeiten.
Hierfür gibt es nahezu keine Vorgaben, seit letztem Jahr wird jedoch die gesellschaftliche Relevanz des Projekts vorausgesetzt.
Die Arbeit am Projekt kann sowohl zu Hause als auch in der Schule während der regulären Unterrichtszeit erfolgen.
Bis zu zwei Unterrichtsstunden pro Woche dürfen auf die Projektarbeit verwendet werden.
Neben den für das Mosaik-Projekt zuständigen Lehrerinnen Frau Franz und Frau Geisen erfolgt eine Betreuung und Hilfestellung durch einen selbst gewählten Betreuungslehrer.
Ich habe Herrn Preppner als Betreuungslehrer gewählt und möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für Ihre Bemühungen bedanken!
Wie eröffne ich ein Depot?
Vor der Eröffnung eines Wertpapierdepots solltet ihr zunächst einmal die verschiedenen Depotanbieter vergleichen.
Aus meiner Sicht empfiehlt sich hier auf jeden Fall ein „Online-Depot“ bzw. ein „Online-Broker“, da sämtliche Transaktionen selbst und in kürzester Zeit getätigt werden können.
Bei analogen Handelsaufträgen an ein Geldinstitut ist die zeitliche Dauer deutlich umfangreicher und es fallen hohe Gebühren für den zuständigen „Broker“ (Broker=Händler) an.
Damit wären wir auch schon beim ersten Kriterium für ein geeignetes Wertpapierdepot – den Kosten bzw. Gebühren.
Hierfür eignet sich das Internet hervorragend als Recherchemöglichkeit. Es gibt zahlreiche Tests und Produktvergleiche.
In der Regel gibt es zwei verschiedene Varianten, wie Handelsgebühren durch den Depotanbieter berechnet werden können: Entweder zahlt man einen prozentualen Anteil an der Kauforder oder einen festgelegten Fixpreis.
Die variable Variante ist somit bei kleinen Anlagewerten und die Festpreis-Variante bei großen Anlagewerten dienlich.
Als weiteres Kriterium ist das Angebot an Finanzprodukten von zentraler Bedeutung.
Neben Aktien und Fonds gibt es noch viele weitere interessante und mitunter komplexe Produkte, wie ETFs, Anleihen, Optionsscheine und Zertifikate, deren Funktion ich aber später noch erklären werde.
Es sollte also auf ein möglichst umfangreiches Portfolio an Finanzprodukten geachtet werden.
Das für euch vielleicht entscheidendste Kriterium hat jedoch nichts mit dem Wertpapierhandel, sondern mit eurem Alter zu tun.
Für gewöhnlich ist nämlich die Volljährigkeit eine Grundvoraussetzung für das Tätigen derartiger Finanzgeschäfte.
Nicht jedoch mit einem „Junior Depot“!
Ihr benötigt lediglich eine Einverständniserklärung eurer Eltern und einige Angaben zu deren Erfahrung im Wertpapierhandel und schon kann es losgehen!
Aber womit?
Wie kann ich mit Wertpapieren handeln?
Für den Handel mit Wertpapieren sind verschiedenste Dinge zu beachten.
- Kauf/Verkauf:
Zunächst einmal muss die Art der Kauforder oder Verkaufsorder ausgewählt werden.
In der Regel gibt es bei der Kauforder die Wahl zwischen einer Inlandsorder, einer Auslandsorder und dem sogenannten „Live Trading“, welches außerbörslich (unter außerbörslich versteht man das Handeln zwischen zwei Marktteilnehmern, der nicht über die Börse abgewickelt wird) erfolgt.
Ich persönlich bevorzuge das Live-Trading, da hier z.B. die Gebühr für Käufe im Ausland deutlich niedriger ist als bei der herkömmlichen Auslandsorder.
Bei der Verkaufsorder gibt es lediglich die Wahl zwischen einer Sofort- und einer Standardorder.
Im Rahmen der Standardorder wird die entsprechende Order an die Börse gesendet und getätigt, sobald die in ihr genannten Bedingungen erfüllt sind.
Die Sofortorder ermöglicht den unmittelbaren Verkauf und es muss lediglich ein Kaufangebot der verschiedenen Handelspartner des Brokers ausgewählt werden.
Hat man sich für eine Art der Kauf- oder Verkaufsorder entschieden, muss nun noch festgelegt werden, wie das jeweilige Produkt gekauft oder verkauft werden soll.
Hierfür wird in das Order-Formular die Art des Auftrags (Kauf/Verkauf) eingegeben, der Name des Wertpapiers, die Stückzahl, der das Geschäft abwickelnde Handelspartner des Online-Brokers und optional ein Limit, welches definiert zu welchem Kurs gekauft oder verkauft werden soll.
Beim Kauf oder Verkauf ohne Limit wird das Geschäft dann abgewickelt, wenn es dem Online-Broker für den Kunden am besten erscheint.
Neben der normalen Order mit oder ohne Limit gibt es zudem noch die Möglichkeit einer „OCO-Order“ (One Cancels Other Order).
Hier werden zwei jeweils mit Limit versehene Orders freigegeben, von denen die eine bei der Ausführung der anderen gestrichen wird.
- Absicherung:
Falls ihr euer Depot vor kurzfristigen Kursexplosionen oder Einbrüchen schützen wollt, könnt ihr bereits nach dem Kauf eines Produkts eine Absicherungsorder einstellen, in welcher ihr zwei Werte festsetzt, ab denen verkauft werden soll.
Einen, welcher im Falle eines Kursrutsches eure Verkaufsgrenze für den Verkauf darstellt, um die Verluste zu minimieren und einen, der bei einer Kursexplosion eure Verkaufsgrenze festsetzt, um sicher den Gewinn zu realisieren (realisieren = in reelles Geld umwandeln).
Wie entwickle ich eine Anlagestrategie?
Für die Entwicklung einer geeigneten Anlagestrategie ist die korrekte Recherche von enormer Bedeutung.
Wirtschaftliche, aber auch politische und gesellschaftliche Bewegungen müssen gedeutet und auf den Börsenmarkt übertragen werden.
Am entscheidendsten sind hier tatsächlich die gewöhnlichen Tagesnachrichten.
Als Informationsquelle eignet sich eigentlich jede gewöhnliche Nachrichtenagentur, sowohl analog als auch digital.
Für die Papierfreunde unter euch würde ich Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine oder das Handelsblatt empfehlen, wobei ich den digitalen Medien hier definitiv den Vorzug gebe, da Informationen sehr viel schneller eingeholt werden können und online auch schneller aktualisiert werden.
Je aktueller die Informationen, desto besser!
Im Hinblick auf die digitalen Nachrichtenagenturen ist das Angebot ebenfalls sehr umfangreich, allerdings komme ich persönlich sehr gut mit „NTV“ und der Online-Variante von „Der Aktionär“ zurecht.
Bei der Deutung der finanzwirtschaftlichen Relevanz von Ereignissen muss lediglich darauf geachtet werden, ob überhaupt ein Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Börse besteht und welche Folgen sich dadurch ergeben.
Wie im obigen Beispiel kann man sich so auf einzelne Unternehmen, aber auch auf ganze Branchen und somit verschiedene Unternehmen konzentrieren.
Für die Bewertung der Einzelaktie sind zudem auf mathematischer Seite folgende Kriterien von enormer Bedeutung:
KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis
gibt den Gewinn pro Aktie an, bei einem KGV von unter 12 gilt eine Aktie in der Regel als preiswert
KUV = Kurs-Umsatz-Verhältnis
gibt den Umsatz pro Aktie an, besonders empfehlenswert bei jungen Unternehmen oder Unternehmen in einer Umstrukturierungsphase, da hier hohe gewinnschmälernde Ausgaben und somit KUV wahrheitsgetreuer als KGV
KCV = Kurs-Cashflow-Verhältnis
gibt Auskunft über Bonität (finanzielle Gesundheit) eines Unternehmens, es gilt: je niedriger das KCV, desto besser
Vorsicht!
Es sollten immer die KCVs mehrerer Jahre betrachtet werden, da der Cashflow eines Unternehmens von Jahr zu Jahr stark schwanken kann.
Eine große Differenz zwischen KGV und KCV kann auf eine mögliche Bilanzmanipulation hindeuten.
KBV = Kurs-Buchwert-Verhältnis
gibt an, ob Aktie über oder unter dem Buchwert (Summe aller Vermögenswerte – Verbindlichkeiten der Firma) des Unternehmens notiert, welcher Rückschlüsse auf das Eigenkapital einer Firma zulässt, bei KBV von unter 1 ist Eigenkapital eines Unternehmens in der Regel unterbewertet und Aktie somit günstig
Vorsicht! Falls große Verluste für ein Unternehmen drohen, welche das Eigenkapital der Organisation gefährden, ist ein attraktiver KBV selbstredend hinfällig.
Zudem liegt dem KBV ein rein bilanzieller Buchwert zu Grunde, welcher „Stille Reserven“ (nicht direkt erfasstes Firmenkapital) und „Stille Lasten“ (nicht direkt erfasste Verbindlichkeiten) vernachlässigt.
Gerade bei Beteiligungsgesellschaften wie Holdings, kann dies zu Kontroversen führen, da die Holding beispielsweise trotz eines angemessenen KBVs der Tochtergesellschaft hoch verschuldet sein und kurz vor der Insolvenz stehen kann.
Wertpapierarten
Nun wisst ihr, wie ihr die finanzwirtschaftliche Relevanz von Ereignissen deuten und somit eine Handelsentscheidung treffen könnt.
Aber was wollt ihr denn nun handeln?
In der weiten Welt des Finanzmarktes existieren zahlreiche verschiedene Finanzprodukte.
Die für euch wichtigsten und für Anfänger geeignetsten erkläre ich nun:
- Aktien
Firmenanteil, der im Wert steigt, wenn die Aktie stark gehandelt wird (z.B. wegen guter Umsatzerwartungen für das nächste Quartal)
- Fonds
viele verschiedene Firmenanteile gebündelt, die nach gleichem Kriterium wie Aktien im Wert steigen (vermindertes Risiko, da viele verschiedene Firmenanteile, dadurch aber auch geringere Gewinne)
- ETFs
bilden nicht Einzelaktie, sondern Aktienindex (z.B. Dax oder Dow Jones) ab, somit ebenfalls breite Risikostreuung
Neben den bereits aufgeführten Finanzprodukten existieren auch noch zahlreiche Finanzprodukte in Form von Optionen, wie Hebelzertifikate und andere Derivate.
Diese Produkte ermöglichen den Profit vom Kursverlust einer Aktie oder eines Aktienindex und sind somit insbesondere in turbulenten Marktsituationen eine reizvolle Anlagemöglichkeit.
Jedoch handelt es sich hier um äußerst komplexe Finanzinstrumente, welche zahlreiche Tücken aufweisen und mitunter nur wenig transparent gestaltet sind.
Daher empfiehlt sich bei Interesse eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Produkten, welche den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen würde.
Zudem gilt es zu beachten, dass viele Depot-Anbieter eine weitere Einverständniserklärung verlangen, in welcher ihr euer Einverständnis über die Risiken des Optionshandels erteilt.
Ohne ein solches Formular bleibt euch der Optionshandel verschlossen.
Konkrete Anlageempfehlungen
Natürlich möchte ich euch auch eine konkrete Empfehlung für eure ersten Aktienkäufe geben.
In Zeiten der Energiekrise sind natürlich zahlreiche Explorationsunternehmen von Anlegern begehrte Anlageobjekte.
Insbesondere Firmen, die in die Entwicklung erneuerbarer und vor allem unabhängiger Energiekonzepte verstrickt sind, werden von Analysten als extrem zukunftsträchtig eingestuft.
Auch die Uranindustrie nimmt im Bereich unabhängige und innovative Energiekonzepte eine Schlüsselrolle ein, da neu entwickelte Sicherheitskonzepte für Atomkraftwerke insbesondere in den USA und Kanada Bedenken vieler Experten im Hinblick auf den Sicherheitsstandard moderner Atomkraftwerke zerstreut haben, was von Analysten und Banken als positives Zeichen gewertet wird.
Auch die stetige Forschung an zeitgemäßen Endlagerungslösungen im Hinblick auf den anfallenden Atommüll gibt Lichtblicke für diese Branche.
Aber auch in allen anderen Industrien gibt es zahlreiche reizvolle Unternehmen, die zumindest ein näheres Betrachten verdienen.
Für die risikofreudigen Zocker unter euch empfehle ich ganz klar das Wetten gegen Kryptowährungen, was auch die Anlagestrategien zahlreicher renommierter Investmentbanken, wie Goldman Sachs oder JP Morgan, widerspiegeln.
Als wesentliche Gründe für das Misstrauen in die bis noch vor wenigen Monaten so gefeierten Kryptowährungen lassen sich zusammenfassend die sich in letzter Zeit häufenden Sicherheitslecks in der „Blockchain“ der Kryptowährungen, die Insolvenzen von Krypto Banken, wie der „Nuri Bank“ und der hohe Energieverbrauch der Server, auf denen die digitalen Währungen erzeugt werden, welcher durch die Energieknappheit teils nur noch schwer gedeckt werden kann, benennen.
Teaser
Im nächsten Artikel von „Stock Exchange For Students“ erfahrt ihr mehr über Neuemissionen von Unternehmen und Unternehmensübernahmen.
Zudem werfe ich dazu ergänzend einen Blick auf das Geschäft von „Hedgefonds“, welches viele Menschen als „Heuschreckengeschäft“ bezeichnen.